Neue Therapieansätze
für Erwachsene innerhalb der Neurologie und Orthopädie
Gerade die Rehabilitation der Arm- und Handfunktionen
stellt eine große Herausforderung dar. Die neu
entwickelten kognitiven Therapiemethoden greifen dazu
auf die Vorstellungskraft unseres Gehirns zurück.
Unser Gehirn besitzt lebenslang die Fähigkeit,
sich zu verändern, sich flexibel anzupassen, und
es kann Probleme kompensieren.
Dies geschieht allerdings nur, wenn während der
Rehabilitationsphase die entsprechenden Bereiche im
Gehirn aktiviert werden. Das passiert beim alleinigen
Durchbewegen von Arm und Bein leider zu wenig. Deshalb
ist es effektiver, wenn der Patient gedanklich und konzentriert
die Therapie begleitet und Aufgaben bearbeitet, das
heißt kognitiv gefordert ist und die Rückmeldungen
und Wahrnehmungen seines Körpers bewusst verarbeitet.
Ein Beispiel aus einem ganz anderen Bereich soll dies
verdeutlichen: Die meisten Autofahrer merken sich eine
bestimmte Strecke besser, wenn sie sie selber fahren,
weil beim eigenen Fahren alle Sinne stärker gefordert
sind. Der Autofahrer muss die (Bewegungs-) Strecke selber
planen, das Auto in die entsprechende Richtung lenken
und immer wieder kontrollieren. Außerdem muss
er alle Informationen aus der Umwelt mit Augen und Ohren
aufnehmen.
Nichts anderes macht unser Gehirn bei der Bewegungsplanung
und -ausführung. Kognitive Therapieformen bauen
genau darauf auf, auch wenn Klienten sich zu Beginn
gar nicht oder kaum selbst bewegen können.
Spiegeltherapie und Mentales Training
Die Spiegeltherapie ist eine relativ junge kognitive
Therapiemethode, die einfach auszuführen ist und
mit wenig Therapiematerial auskommt. Sie findet bei
neurologischen und orthopädischen Krankheitsbildern
ihre Anwendung. Hierzu gehören vor allem die Auswirkungen
eines Schlaganfalles (Lähmungen, Spastiken, Neglecterscheinungen),
Schmerzzustände und Missempfindungen nach Amputationen
(z. B. Phantomschmerzen) oder komplexe Erkrankungen,
die das körperliche Schmerzsystem stark beeinflussen
(z. B. Sudeck-Syndrom / CRPS – komplexes regionales
Schmerzsyndrom). Die Spiegeltherapie kommt außerdem
bei vielen Erkrankungen und Verletzungen des gesamten
Bewegungsapparates (Knochen, Muskeln, Sehnen, Nerven)
zum Einsatz.
Die Spiegeltherapie nutzt wie es ihr Name aussagt,
einen Therapiespiegel. Der Spiegel wird mittig vor dem
Körper aufgestellt, so dass z. B. der linke Arm
links und entsprechend der rechte Arm rechts vom Spiegel
liegt. Der Patient bewegt z. B. seine nicht-betroffene
Hand (oder diese wird vom Therapeuten geführt)
und beobachtet deren Spiegelbild im Spiegel. Beim Bewegen
entsteht im Gehirn die Vorstellung und optische Illusion,
als ob die betroffene Hand sich bewegen würde und
ihre normalen Fähigkeiten zurück erlangt hätte.
Die betroffene Hand kann eventuell mit bewegt oder nur
vom Therapeuten geführt werden. Mit der Zeit kann
mit aufbauenden Übungen die tatsächliche Bewegungsfähigkeit
angebahnt werden.
Die visuelle Wahrnehmung der Augen, die sich die Spiegeltherapie
zunutze macht, spielt bei der Bewegungsplanung und -ausführung
eine große Rolle. Durch sie werden im Zusammenspiel
mit anderen Faktoren Bewegungsabläufe angepasst
und korrigiert.
Weitere Informationen finden Sie unter www.spiegeltherapie.com
Kognitiv-therapeutische Übungen nach Perfetti
Diese Übungen gehören ebenfalls zu den kognitiven
Therapiemethoden. Sie wurden in den 70er Jahren von
Prof. Carlo Perfetti in Italien zuerst für Patienten
nach einem Schlaganfall entwickelt. Heute kommt diese
Therapieform bei fast allen neurologischen und orthopädischen
Erkrankungen sowie nach chirurgischen Eingriffen zum
Einsatz. Sie wird mittlerweile auch bei Kindern eingesetzt.
Bei dieser Therapieform wird nach gedanklicher Planung
der Bewegung statt mit offenen mit geschlossen Augen
geübt. Dabei soll der Patient ganz bewusst seine
Aufmerksamkeit und seine Gedanken auf das Erspüren
der Bewegungen richten. Der Arm wird meist vom Therapeuten
geführt und der Patient soll z. B. Bewegungsrichtungen,
Längen, Formen und Distanzen erfühlen und
nennen. Der Patient hat bei jeder Bewegungsaufgabe ein
bestimmtes Problem zu lösen, z. B. das Erkennen
verschiedener Figuren oder Formen. Nur wenn die Bewegung
ein bestimmtes Ziel verfolgt (z. B. Figur erkennen),
tritt ein Lerneffekt ein und es kommt zu einer Veränderung
im Gehirn.
Man weiß, dass korrekt ausgeführte Bewegungen
eine genaue Wahrnehmung der Gelenke und ihrer Positionen
und Stellungen zueinander sowie der begleitenden Muskeln
voraussetzt. Das Ziel der Perfetti-Methode ist, vor
allem wieder korrekt ausgeführte Bewegungen (wie
im gesunden Zustand) zu erreichen und pathologische
(krankhafte, belastende) Bewegungsmuster abzubauen.
Weitere Informationen finden Sie unter www.vfcr.de
Ergotherapie bei rheumatischen Krankheitsbildern
Der Begriff „Rheuma“ ist ein Begriff für
verschiedene Krankheitsbilder, die in 3 große
Bereiche eingeteilt werden können:
· entzündlicher Rheumatismus (Arthritis,
Beginn unabhängig vom Alter, insbesondere Gelenke
sind betroffen),
· degenerativer Rheumatismus (Arthrose, Verschleißerscheinungen
an Wirbelsäule und Gelenken),
· Weichteilrheumatismus und Sonderformen (Schmerzen
hauptsächlich in Muskeln und Sehnen, z. B. bei
Fibromyalgie, Sklerodermie)
Die Ergotherapie gewinnt in der Behandlung von allen
rheumatischen Erkrankungen neben der Physiotherapie
und Medikamenten einen immer größeren Stellenwert.
Das liegt zum einen daran, dass immer mehr Klienten
nach Möglichkeiten suchen, bereits in frühen
Stadien der Erkrankung weiteren Schüben vorzubeugen
und Medikamente weitestgehend vermeiden und reduzieren
wollen. Für Klienten ist außerdem die Teilhabe
und die größtmögliche Selbständigkeit
im Alltag, im Berufsleben und bei den Freitzeittätigkeiten
sehr wichtig. Die Ergotherapie leistet hier einen großen
Beitrag zur Prävention und Rehabilitation. Durch
eine geeignete Therapie können Schmerzen gelindert,
die Bewegungsfähigkeit soweit als möglich
erhalten und Fehlstellungen der Gelenke vorgebeugt und
aufgehalten werden. Man weiß heute, dass eine
frühzeitige Behandlung in den ersten 3-4 Monaten
bedeutend ist, um weiteren Schüben vorzubeugen.
In diesem Fall ist auch noch ein Stillstand der Erkrankung
für längere Zeit möglich.
Bei einer ergotherapeutischen Behandlung einer rheumatischen
Erkrankungen sind folgende Aspekte von Bedeutung:
· Analyse der Alltagstätigkeiten und Anforderungen
im Arbeitsleben,
· Informationen zu Gelenkschutz und Hilfsmitteln,
Selbsthilfetraining,
· regelmäßige Traktionsbehandlung
(leichter Zug / Dehnung der Gelenke zur Entlastung),
· Übungen zum Erhalt der Bewegungsfähigkeit,
· Wärme- und Kältetherapie,
· Anlegen von Tapes oder Schienen,
· Integration verschiedener Therapiemethoden
wie z. B. die Therapie nach Perfetti.
Kinesio – Taping
Der Japaner Kenzo Kase entwickelte diese Methode in
den 70er Jahren. Sie verbreitet sich immer mehr im europäischen
Bereich und basiert auf der Erkenntnis, dass Schmerzen
aus Funktionsstörungen von Muskeln und Gewebe entstehen.
Bei einer Entzündung oder Verletzung ist das Gewebe
zwischen Haut und Muskel geschwollen. Das Lymphsystem
kann nicht mehr richtig arbeiten, so dass Abbauprodukte
nicht richtig abtransportiert werden können.
Das Kinesio-Taping kommt bei einer Vielzahl von Erkrankungen
zum Einsatz und wird auch zur Prävention und Unterstützung
im Breiten- und Leistungssport angewandt. Als Beispiele
seien genannt fast alle Formen von Rücken-, Gelenk-
und Muskelschmerzen, Reizzustände aufgrund von
Überbeanspruchung (z. B. Golfer- oder Tennisarm,
Karpaltunnelsyndrom, Sehnenscheidenentzündung)
und Verletzungen des Bewegungssystems aller Art.
Das Tape ist ein elastischer Klebestreifen, der an die
schmerzenden Stellen oder die betreffenden Muskeln aufgeklebt
wird. Die Haut wird unter dem aufgeklebten Tape gedehnt
und leicht angehoben. Die Schwellung wird verringert,
die Lymphflüssigkeit kann besser abfließen,
die Reizung der Schmerzpunkte wird vermindert und Muskeln,
Sehnen und Bänder können sich erholen. Die
Funktion normalisiert sich zunehmend. Damit unterstützt
das Tape den körperlichen Selbstheilungsprozess.
Das Tape kann über mehrere Tage oder sogar Wochen
getragen werden. Es ist wasserresistent, atmungsaktiv
und ruft nur in seltenen Fällen Hautirritationen
hervor. Es passt sich Bewegungen an, so dass es im Alltag,
bei der Arbeit und beim Sport nicht einschränkt
sondern vielmehr unterstützend wirkt.
Das Kinesio-Taping ist auch unabhängig von einer
Ergotherapie-Verordnung möglich und kann privat
gezahlt werden. Die Kosten liegen je nach Material-
und Zeitaufwand in der Regel zwischen 5.- und 45.- Euro.
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